Gut erholt von ihrer Hand-OP und bestens vorbereitet auf die am kommenden Wochenende stattfindenden Ruder-EM im bulgarischen Plovdiv präsentiert sich Lisa Gutfleisch vom Heidelberger Ruderklub. In Vorbereitung der nacholympischen Saison hatte sich Lisa schon zu den Top 3 der deutschen Skullerinnen emporgearbeitet, sie teilte sich mit Frauke Hundeling den 3. Platz beim Langstreckentest in Dortmund am 1.12.2024.
Mitte Dezember musste sich Lisa dann jedoch einer nicht mehr vermeidbaren schmerzhaften OP am Handgelenk unterziehen: eine Zyste wurde entfernt. Die anschließende Reha ging bis Anfang Februar. Trainiert wurde natürlich trotzdem, und das handschonend nur auf dem Radergometer. Hier konnte sie ihre Fitness-Werte verbessern. Allerdings fehlten Lisa in dieser Phase die wichtigen Einerkilometer und sie verlor auch einiges an der damit auch verbundenen ruderspezifische Kraftausdauer.
Dann folgten im Februar und März zwei Trainingslager am portugiesischen Lago Azul. Schon im ersten konnte sie neben weiterer Stärkung der Fitness das geliebte und wichtige Rudertraining wiederaufnehmen. Seitdem kämpft sie sich Schritt für Schritt zurück zur deutschen Skullerin-Elite.
Bei der Kaderüberprüfung Ende März in Leipzig startete sie allerdings nur beim Ergotest. Hier machte sich der Arm bei den hohen Belastungen im Ruderboot noch zu stark bemerkbar. Aus diesem Grund wurde vernünftigerweise der Start im Einer abgesagt.
Bei der deutschen Kleinbootmeisterschaft Mitte April auf dem brandenburgischen Beetzsee ging es dann aber endlich wieder im Einer an den Start. Sie kam gut in die Regatta und fuhr schnelle Rennen. Im Halbfinale am Samstag fehlte dann aber doch noch ein wenig die Power, es war das zweite harte Rennen an diesem Tag. Über Nacht konnte sie sich aber gut erholen, so dass sie sonntags im B-Finale nur von Sarah Wibberenz, ihrer Partnerin des Henley-Erfolgsdoppelzweier 2024 geschlagen wurde. Mit diesem Rennen war Lisa sehr zufrieden, der Arm hatte sich zudem über Nacht wieder schnell erholt, das machte Hoffnung.
Aufgrund dieser Leistungssteigerung und ihrer langjährigen internationalen Erfahrung ist seit Ende April klar, dass Lisa bei der EM in Plovdiv als Vizeschlagfrau im deutschen Doppelvierer zusammen mit Pia Greiten, Frauke Hundeling und Sarah Wibberenz starten wird. Eine erfahrene Truppe, Pia Greiten war auch bei den letztjährigen olympischen Sommerspielen in Paris Schlagfrau im Doppelvierer und gewann Bronze. Neun andere Nationen gehen nun zusammen mit dem deutschen Doppelvierer auf Medaillenjagd. Die Vorläufe finden am 29.5. statt, das Finale dann am 1. Juni.
Ein positives Novum im deutschen Ruderverband (DRV) ist seit diesem Jahr, dass schon frühzeitig die Mannschaften nominiert werden, so dass sie lange vor den Zielwettkämpfen EM, Worldcups und WM zusammen trainieren können. Ein weiteres Novum ist der neue Trainer: Markus Schwarzrock, er wechselte von den U23 ins Elite-Lager und trainiert nun auch Lisa mit ihrem Team. Ihm sind teambildende Maßnahmen sehr wichtig, am letzten Wochenende wurden verschiedene Mixed-Achter getestet, diese Bootsklasse soll auch ins internationale Ruderprogramm aufgenommen werden. Im zweiten Achter saß Lisa, die auch eine erfahrene Riemenruderin ist, sogar auf dem Schlagplatz.
So wird viel zusammen gerudert. Mit der Einführung des polarisierten Trainings nähert sich der DRV zudem den Trainingsmethoden vieler anderer Rudernationen an: es gibt Ausdauerwochen mit vielen Kilometern und es gibt Belastungswochen mit vermehrt hochintensiven Belastungen, um diese maximalen Belastungen besser tolerieren zu können.
Und auch das Berufliche kommt in Lisas Leben nicht zu kurz. Zurzeit ist sie bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr als Spitzensportlerin angestellt. Einmal im Jahr gibt es einen Pflichtlehrgang: bei dem letzten hat Lisa den Trainerschein gemacht. Dieses Modell ist aber eines auf Zeit, es geht so lange, wie Lisa seitens des DRV als Spitzensportlerin eingestuft wird, die Angestellten-Verträge werden jährlich erneuert. Parallel dazu studiert Lisa mittlerweile bei der Berliner Hochschule für Technik (BHT) Umweltinformation im Masterstudiengang.
Lisa ist wieder bei vollen Kräften und freut sich auf die EM in Plovdiv und die Heidelberger Ruderwelt drückt ihr feste die Daumen.
Autor: Thomas Palm